Startup - Existenzgründung

Existenzgründung – eine Chance für Arbeitsuchende?

Mit Peter M. Urselmann vom Weiterbildungsinstitut WbI sprach ich über Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit, die häufigsten Fehler dabei und über die Angebote für Existenzgründer.

Herr Urselmann, wie sind Ihre Erfahrungen mit Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit?

Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit kann zum einen die Umsetzung eines lang gehegten Wunsches nach Selbstständigkeit sein und zum anderen die zwangsläufige Alternative, wenn man keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bekommt. Beides kann sehr wohl erfolgreich sein.

Gründungen aus Arbeitslosengeld I heraus können mit dem Gründungszuschuss für die ersten sechs Monate gut abgefedert werden. Wer in dieser Zeit schon eine gute Auftragslage hat, sollte diese zusätzlichen Einnahmen entweder für schlechte Zeiten zurücklegen oder mit gebotener Vorsicht in sein Unternehmen investieren. Allerdings ist der Gründungszuschuss inzwischen nur noch eine Ermessens- und keine Pflichtleistung der Arbeitsagentur mehr. Daher sollte man sich vor der Beantragung bei einem Gründerzentrum beraten lassen.

Gründer, die sich aus Arbeitslosengeld II heraus selbstständig machen, haben es in der Regel schwerer, da sie keine Rücklagen haben und mit dem Einstiegsgeld nur einen geringen Betrag für die Umsetzung ihrer Geschäftsidee zusätzlich zur Verfügung haben. Wer aber keinen Arbeitgeber findet, der ihn in Vollzeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt, kann vielleicht mit seinem Angebot z. B. freiberuflich für viele kleinere Aufträge unterschiedliche Kunden gewinnen und sich damit schrittweise aus der Abhängigkeit der Transferleistungen bewegen.

Insgesamt sind meine Erfahrungen mit Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit sehr gut. Dieser subjektive Eindruck wird unterstützt durch unterschiedliche wissenschaftliche Untersuchungen, u. a. durch das der Bundesagentur für Arbeit nahe stehenden IAB, das selbst die an den Stammtisch schlecht geredete ICH-AG in einer Langzeitstudie als erfolgreich bewertet hat.

Muss man als ExistenzgründerIn ein bestimmter Typ sein, um Erfolg zu haben?
Sicher sind hier einige persönliche Eigenschaften von Vorteil. Beispielhaft sei erwähnt, dass der Gründer nicht introvertiert sein sollte, denn er muss in der Lage sein, auf Menschen zuzugehen und seine Produkte bzw. Dienstleistungen zu verkaufen. Die Fähigkeit zur Selbstkritik, Veränderungsbereitschaft und Entscheidungsfreudigkeit sind für Unternehmer wichtig. Schwer haben es sicherlich auch Menschen, die beratungsresistent sind. Der Typ des angehenden Unternehmers sollte sich deutlich von der klassischen Vorstellung eines Beamten unterscheiden. Wer allerdings der Meinung ist, dass man als Selbstständiger automatisch weniger arbeiten und mehr verdienen würde, sollte sich zunächst mit der Realität von Existenzgründern auseinandersetzen.

Welche Fehler werden am häufigsten gemacht?
Viele Existenzgründer nehmen sich zu wenig Zeit für ihre Planungen und Recherchen in der Vorgründungsphase. Überhastete Gründungen, weil es z. B. angeblich ein bestimmtes Ladenlokal nur jetzt und später nicht mehr gibt, sind fatal. Frei stehende Ladenlokale gibt es auch in Zukunft ausreichend. Und bei der Auswahl sollte nicht eine persönliche Vorliebe (z. B. unmittelbare Nähe zur Privatadresse des Gründers) entscheidend sein, sondern ausschließlich sachliche Kriterien. Der Businessplan sollte nicht als Voraussetzung für die Beantragung öffentlicher Fördermittel gesehen werden, sondern in erster Linie als Leitfaden, um das eigene Geschäftsmodell in allen Punkten – auch in der Finanzplanung – durch die Verschriftlichung zu Ende zu denken.

Ferner unterschätzen Gründer vielfach die Bedeutung der Kundenakquise. Das beginnt damit, dass nicht ausreichend über die Zielgruppe und über die Marketinginstrumente nachgedacht wird, mit denen man diese Zielgruppe adäquat erreichen kann. Und es endet oft damit, dass nicht ausreichend Zeit für persönliche Vertriebsaktivitäten vorgesehen wird. Viele Jungunternehmer beschränken den Großteil ihres Umsatzes auf einen Hauptkunden. Abgesehen von der Problematik der Scheinselbstständigkeit stellt diese Abhängigkeit ein großes Risiko dar.

Welche Hilfen bieten Sie mit dem WbI an?
Unser Institut bekannt geworden durch unsere Unterstützungsprojekte für Existenzgründer, die in einem Großraumbüro einen Arbeitsplatz haben und nach einem strukturierten Ablaufplan ihre Gründung vorbereiten und umsetzen. Aktuell bieten wir individuelles Coaching für ExistenzgründerInnen an.

Das Einzelcoaching umfasst insgesamt 40 Coachingeinheiten (je 45 Minuten). Die Coachingtermine werden persönlich zwischen Ihnen und Ihrem Coach abgestimmt sowie durch das WbI bzw. die .garage koordiniert und begleitet.

Die Kosten für das Coaching können komplett über einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) für Existenzgründer von der Agentur für Arbeit oder vom Jobcenter übernommen werden. Gerne informieren wir Sie unverbindlich über Einzelheiten.

Wie kommen Existenzgründer an ihre Kunden?
Jeder, der sich selbstständig macht, sollte seine Kontakte nutzen, ggf. alte Kontakte reaktivieren und Netzwerke systematisch auf- und ausbauen. Gründer dürfen keine Angst vor Aquise haben. So wertvoll Logo, Visitenkarten, Flyer, Homepage usw. sind: Man kann Akquise auch ohne alledem machen – nämlich durch eigenen Einsatz. Wer hier noch nicht fit ist – wie die meisten Gründer -, sollte das lernen und trainieren.

Wie behalten Gründer die Motivation?
Wichtig ist hierfür der regelmäßige Austausch mit anderen Gründern, das Feedback eines Coachs und positives Denken. Kleine Teilerfolge sollten auch entsprechend „gefeiert“ werden. Wenn andererseits der Markt nicht so reagiert, wie man das erwartet, sollte man es als Herausforderung sehen, sein Konzept entsprechend anzupassen.

Wie können Gründer ihr Risiko und  ihren Finanzierungsbedarf gering halten?
Man sollte jede Ausgabe und jede geplante Investition auf ihre Notwendigkeit hin überdenken. Muss z. B. am Start einer Selbstständigkeit ein neuer PC oder ein neues Auto angeschafft werden oder kann man nicht zunächst auf Gebrauchtes zurückgreifen? Durch die Vernetzungen von Existenzgründern untereinander können im Team gegenseitig Hilfestellungen erfolgen, die Geld sparen, und Synergieeffekte geschaffen werden.

Welche Tipps können Sie unseren Leserinnen und Lesern noch geben?
Gründer sollten sich viel Zeit für die Vorbereitung und Prüfung ihrer Geschäftsidee nehmen und sich dabei durch einen Berater „Struktur“ geben lassen. In der .garage werden deshalb von den Gründern u. a. eine Konkurrenzanalyse und vor allem eine Markterkundung durchgeführt. Für die Markterkundung erarbeitet der Gründer mit einem Marketingexperten eine Umfrage unter ganz bestimmten Kriterien, um festzustellen, ob der Markt überhaupt Potenzial für diese Geschäftsidee hergibt. Unser Projekt „104 im Quartier“ bedeutet, dass 104 Personen (keine Freunde und Bekannten) der analysierten Zielgruppe befragt werden, z. B. was sie bereit wären für eine entsprechende Dienstleistung zu zahlen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass diese Form der Markterkundung das wichtigste Element auf dem Weg zur Gründung ist.

Herr Urselmann, vielen Dank für das Interview!

Weitere Infos unter:

www.weiterbildungsinstitut.de

Training Fußball

Talent oder Training?

Wie wichtig ist bei Ausbildung und Berufsausübung eigentlich Talent und wie wichtig ist Training? In meinen Seminaren mit Jobcoaches und Dozenten stoße ich immer wieder auf dieses Thema.

Die Wissenschaft hat im Laufe der Zeit verschiedene Einschätzungen vertreten, heute gehen Medizin und Psychologie davon aus, dass beides gleich wichtig ist. Wir sollten also unsere Fähigkeiten kennen, aber wir brauchen auch ganz viel Training, um fit zu sein. Unter anderem ist Massenarbeitslosigkeit deshalb ein großes Problem, weil für viele Menschen das Training fehlt!

Denken Sie doch einmal über Ihr Profil (Link) nach: Was haben Sie sehr häufig durchgeführt? Sind Sie dadurch in diesem Bereich sehr gut geworden? Könnten Sie das beruflich besser einsetzen als zurzeit? Ist dazu ein Wink an Ihren Arbeitgeber nötig oder möglich? Oder wenn Sie sich beruflich neu orientieren: Wo haben Sie die Möglichkeit viel zu üben? In welchem Bereich wollen Sie weiter trainieren?

Der Einsatz Ihres eigenen Potenzials (Link) ist ein wichtiger Baustein zur Verbesserung Ihrer Arbeits- und Lebenssituation!

Megafon

Jobakquise ist Verkauf!

In meinen Seminaren werde ich häufig zum Thema Jobakquise befragt. Wie kommen wir an die passenden Jobs für Teilnehmende von Projekten? Wie sprechen wir Arbeitgeber an? Meine Philosophie in diesem Zusammenhang ist sehr einfach: Jobakquise ist Verkauf und unterliegt damit denselben Gesetzmäßigkeiten wie jede Verkaufstätigkeit!

Ein hilfreiches, praxisorientiertes Buch zum Thema Verkaufen ist das Buch „Umsatz extrem“ von Dirk Kreuter, einem der bekanntesten Verkaufstrainer Deutschlands. Dirk Kreuter kommt aus dem Vertrieb und liefert uns eine Menge Gedanken und praktische Vorgehensweisen, die auch bei der Jobakquise genutzt werden können.

Einige davon habe ich für Sie hier aufgelistet:

  1. Der Kuchen ist groß. > Es gibt also eine Menge Jobs, und wir können losgehen und sie akquirieren!
  2. Welche Unternehmen sind A-, B-, C-Kunden? > Welche Ihrer Kontaktunternehmen stellen wirklich Menschen aus Ihren Projekten ein?
  3. Was entgeht Ihren Kontaktunternehmen, wenn sie Ihr Angebot nicht annehmen? > Sie stellen keine Projektteilnehmer ein und bekommen gerade diesen wertvollen Teilnehmenden nicht!
  4. Die Genauigkeitsfalle: Warum Ihre Bewerber nicht optimal sein müssen! > Firmen stellen sowieso meist „normale“ Bewerber ein.
  5. Die Folgen der Faulheit: Warum Sie Akquise nicht nebenbei machen können > Akquise ist für Jobcoaches unverzichtbar und braucht Energie und Zeit.
  6. Warum man Firmen auch aussortieren muss! > Man kann nicht mit allen Firmen einer Branche und Region zusammenarbeiten!
  7. Individuelle Lösungen für Angebote an Unternehmen  > Hören Sie den Personalverantwortlichen genau zu, experimentieren Sie mit Zuschüssen, Weiterbildungsangeboten, Veränderung der Praktikumsdauer…
  8. Absagen einstecken können: Das Prinzip der extremen Schmerzfreiheit > Wir sollten uns an Absagen gewöhnen und einfach weitermachen!

Dirk Kreuter schreibt „ohne Filter“ und bringt Sie auf neue Ideen zum Verkauf, lässt Sie Ihre bisherige Praxis überdenken und empfiehlt interessante Strategien.

Fazit: Sie müssen natürlich nicht alles so durchführen, wie Dirk Kreuter es vorschlägt, aber Sie könnten von ihm lernen. Wenn Sie wissen wollen, was erfolgreiche Akquise mit Richard Gere zu tun hat, dann lesen Sie dieses Buch😉.

Dirk Kreuter, Umsatz extrem, Linde Verlag, Wien 2013,

Mein Video zum Thema Jobakquise+Praktikumssuche in Arbeitsmarktprojekten finden Sie hier!