Froschkönig

Was sind Job-Märchen?

Im Jobcoaching kann es öfters vorkommen, dass die zu Beratenden nicht sehr reale Vorstellungen über die Möglichkeiten ihrer Jobauswahl haben. Ich nenne diese teilweise fantastischen Vorstellungen „Job-Märchen“.

Schauen wir uns mal einige an:

„Ich brauche nur einen Job, wie ich ihn vorher hatte!“ Genau denselben Job gibt es nicht noch mal. Ein anderes Mitarbeiterteam, andere Vorgesetzte, eine andere Firmengröße und andere Kunden machen jeden neuen Job ganz anders. Die in einem langen Berufsleben erworbene Reputation lässt sich nicht einfach übertragen. Gerade Beschäftigte von Großfirmen tun sich oft mit der Veränderung schwer. Deshalb finden Sie z.B. die Kieselstein-Übung (eine Verabschiedungsübung vom alten Job) im 50Plus-Teil meines Materials „Es gibt Arbeit!“ 

 

„Mir fehlt nur die Fortbildung XY, dann bekomme ich jederzeit einen Job!“ Das würde heißen, es käme nur auf die formale Qualifizierung an, und Persönlichkeit, Werte, Problemlösungskompetenzen wären nebensächlich. Manchmal werden von einer IT- oder Qualitätsmanagement-Fortbildung Wunder erwartet!  Dabei kommt es natürlich auch auf viele weitere Faktoren an, wie persönliches Arbeitsverhalten, soziale Kompetenz und die bewusste Verarbeitung der eigenen Arbeitslosigkeit sowie natürlich Lebensalter und Gesundheitszustand.

 

“ Haben Sie in Ihrer Schatzkiste nicht einen guten Job, den Sie nur mir anbieten?“ Da rechnet jemand offensichtlich mit der guten Fee! Kommt manchmal vor, wenn man zu Beratende gut kennt. Die Idee, dass Jobcoaches eine Kiste voll mit gutbezahlen Jobs (möglichst auch noch von der ruhigen Art) haben, gehört natürlich in den Bereich der Märchen. Da könnte man sich das Profiling auch gleich sparen :-)! Manchmal werden im Jobcoaching einfach die „falschen“ Fragen gestellt (hier der Link).

Schreiben Sie einen Kommentar, wenn Sie noch mehr Job-Märchen kennen, ich freue mich!
Mit herzlichen Grüßen aus dem Ruhrgebiet, Reinhard Kröger

Die richtigen Fragen beantworten!

Manchmal stellen zu Beratende im Jobcoaching die „falschen“ Fragen. Das sind Fragen, die bei der Jobsuche nicht weiter helfen, weil sie auf unrealistischen Vorstellungen aufbauen, zum Beispiel: „Wie kann ich ohne Ausbildung 5.000,-€ netto verdienen?“

Andere haben eine gute Ausbildung und schließen von vornherein bestimmte Branchen, Umzug oder Zeitarbeit aus, sie fragen: „Haben Sie nicht einen Job für mich, genauso wie ich ihn vorher hatte?“ Und manche können ihre berufliche Richtung nicht präzise benennen, ihre Fragen enden mit „…einfach irgendeinen Job.“

Wie falsche Fragen in die Irre führen können, sehen Sie an folgendem Beispiel: Der Unternehmensberater Mike Kami arbeitete mit einer Gruppe von Coca-Cola-Managern an ihrem Plan, eine neue Cola einzuführen. Die Unternehmensleiter hatten Mike gesagt, die Frage wäre, wie man den Geschmack der Cola noch verbessern könnte. Sie führten mehrere Geschmackstests durch, fanden eine neue Formel, die besser schmeckte als die ursprüngliche Coca-Cola und führten kurz darauf die neue Cola ein. Und dann gerieten sie in eines der größten Marketingdebakel aller Zeiten. Sie baten Mike zu einer weiteren Planungssitzung. „Sie haben bestimmt die falsche Frage gestellt“, sagte Mike zu ihnen. Sie fanden heraus, dass die Frage „Wie kann Coca-Cola noch besser schmecken?“ nicht zielführend war. Viel wichtiger waren Fragen wie: Warum greifen Kunden zu unserem Produkt? Was unterscheidet uns von anderen Erfrischungsgetränken? Und die Kunden liebten nun mal den speziellen Coca-Cola Geschmack, der sich von anderen Getränken abhob. Die sofortige Rückkehr zum vertrauten Geschmack ermöglichte es der Coca-Cola-Company, sich nach diesem Rückschlag recht schnell wieder zu erholen. (nach Bob Buford: Halbzeit)

Ihre Aufgabe als Jobcoach in der beruflichen Orientierung ist es, zusammen mit dem zu Beratenden die „richtigen“ Fragen zu finden und dann zu beantworten. Passendere Fragen sind zum Beispiel: Was habe ich für ein Potenzial? Welche Möglichkeiten gibt es? Wer könnte mein Angebot brauchen? Ein intensives Profiling mit den richtigen Tools ist deshalb unverzichtbar. Sie können so Fähigkeiten und Kenntnisse des zu Beratenden präzise identifizieren und gemeinsam herausfinden, was für ein Angebot er machen kann.

Mehr dazu im folgendem Blogartikel: Basiswissen für Jobcoaches

 

Auswahlliste Plan A+B gestrichen, Plan C bleibt

Agile Arbeitsvermittlung?

Ein meiner Erfahrung nach sehr wirksamer Ansatz im Jobcoaching und bei der Arbeitsvermittlung lässt sich gut mit dem Begriff „Agile Arbeitsvermittlung“ beschreiben. Agil heißt nach Wikipedia erst einmal nichts anderes alsvon großer Beweglichkeit zeugend; regsam und wendig“. In der Software- und Projektentwicklung hat sich schon länger der Begriff des agilen Projektmanagements etabliert. Im Agilen Manifest der Softwareentwickler wird darauf eingegangen, was das genau bedeutet:

  • Personen haben Vorrang vor Abläufen und Methoden
  • Ergebnisse haben Vorrang vor ausgedehnter Dokumentation
  • das Eingehen auf Änderungen hat Vorrang vor strikter Planverfolgung

Zusammengefasst heißt das: Es geht immer um das Ziel, das erreicht werden soll (Vermittlung in passende Jobs), der Weg dorthin darf und sollte ständig hinterfragt werden. Starre Regeln und Abläufe werden durch mehr Flexibilität ersetzt. Für Jobcoaches in Arbeitsmarktprojekten kann diese Flexibilität vielleicht so beschrieben werden: Wir beraten

  • nicht an Berufen klebend, nicht statisch
  • an Ressourcen orientiert, nicht an Defiziten
  • flexibel, mit beruflichem Querdenken und Trial and Error

In der Praxis von Arbeitsmarktprojekten könnte das so aussehen:

  • Repariere nichts, was nicht kaputt ist! Wir nutzen die natürlichen Ressourcen der Teilnehmenden, also Fähigkeiten, bisherige Kenntnisse, Werte und körperliche Eignung! (hier ein Link)
  • Wenn es nicht (mehr) funktioniert, mache etwas anderes! Wenn ein Berufsweg oder eine Bewerbungsform nicht mehr funktioniert, ändern wir flexibel die Strategie!
  • Wenn etwas funktioniert, mache mehr davon! Wenn wir an Reaktionen von Personalentscheidern, Ausbildern oder Praktikumsgebern sehen, dass ein Weg vielversprechend erscheint, ermutigen wir die Teilnehmenden, den Weg weiter zu gehen. (nach Kotrba/Miarka)

Mein Materialbuch für Arbeitsmarktprojekte (hier der Link) soll mit seinen Arbeitsblättern und Übungen die Prinzipien der agilen Arbeitsvermittlung widerspiegeln: Flexibilität, Kreativität und Wirksamkeit. Es ermöglicht Beratung und Unterricht für Einzelne und Gruppen mit ganz verschiedenen Voraussetzungen, ist auf die Individualität der Teilnehmenden ausgerichtet, schafft Ergebnisse, verankert eine Schritt-für-Schritt-Vorgehensweise und fördert eine möglichst einfache Dokumentation.